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Skeuomorflachmus

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Die gesamte Design-Welt ist gespalten, wie die nördliche und südliche Hemisphäre. Auf der einen Seite stehen die Designer mit realistisch-aussehenden Schaumstoff-Schwertern und auf der anderen stehen die Pixelschubser mit Kreisen, Vier- und Dreiecken. Es geht um eine Sache: für Skeuomorphismus oder für Flat-Design.

So schlimm ist es sicherlich nicht, aber auch nicht so harmlos: seit Chefentwickler Scott Forstall von Apple gefeuert und der Flachdesignliebhaber Jonathan Ive seine Stelle einnahm, vermutet man einen Wechsel von Apple’s stilistischer digitaler Nachahmung analoger Gegenstände zum Windows 8 ähnlichen flachen Designelementen. Es wird sogar ein Designumbruch der gesamten grafischen Benutzerschnittstellen von den Betriebssystemen Mac OS X und iOS vermutet. Doch ist das tatsächlich der richtige Weg?

Was ist Skeuomorphismus?
Skeuomorphismus ist ein visueller Ausdrucksstil, der Eigenschaften von Materialien oder Gegenständen nachimitiert. Berühmte Beispiel hierfür sind diverse Automobile der sechziger bis achtziger Jahre, die statt einer vollwertigen aus Kostengründen eine künstliche hölzerne Seitenwandfläche hatten. Bekannt wurde der Begriff allerdings erst mit dem Rausschmiss von Scott Forstall, der diesen Ausdrucksstil vor allen bei dem mobilen Betriebssystem iOS zugunsten von Steve Jobs durchsetzte. Das Besondere an Skeuomorphismus ist die detailreiche Hingabe des Designers, der versucht, täuschend-echte Imitationen des realen Vorbildes zu erstellen. Selbst Nähte oder einzelne Lederfalten sind hier von essentieller Bedeutung und werden so gut wie möglich nachgebildet. Im Übrigen gehört das Laminat mit einer Holzimitat-Oberfläche zu den Produkten, die skeuomorphistische Einflüsse hatten.

Was ist Flat-Design?
Das stilistische Gegenteil von Skeuomorphismus ist hingegen das Flat-Design. Hier wird nicht detailliert nachgebildet, sondern von der Wirklichkeit abstrahiert. Der Begriff steht dabei jedoch als Sammelbegriff für Bauhaus- und Swiss-Design inspirierte Benutzeroberflächen. Die Hauptaufgabe von Flat-Design ist es, die einzelnen Elemente eines Interfaces so weit wie möglich zu reduzieren. Dabei wird vor allen die Zehnte von Dieter Rams Thesen für gutes Design als Vorbild genommen:

“Gutes Design ist so wenig Design wie möglich.” (aus Vitsœ – Dieter Rams: Zehn Thesen für gutes Design)

Jonathan Ive ist einer von vielen Dieter Rams Bekennern, die sich seine zehn Thesen zum Vorbild machten und so einzigartige und zeitlose Produkte erschufen.

Was jedoch, wenn die Vorbilder aus Print- und Industriedesign nicht optimal für die Benutzung eines Programms oder für ein Betriebssystem sind?
Skeuomorphismus hatte einen wesentlichen Vorteil, den Steve Jobs sehr schnell bemerkt hatte: die Nachbildung bekannter analoger Gegenstände in digitalen Programmen hilft den Benutzern, sich schneller damit zurecht zu finden. Obendrein hat Scott Forstall damit dem mobilen Betriebssystem iOS ein einzigartiges und unverwechselbares Design geschenkt. Mehr sogar noch: durch seine Einflüsse beim Desktop-Betriebssystem Mac OS X konnte er Kunden, die ein iOS-Gerät besaßen noch leichter zu dem Desktop-Geräten des Herstellers verhelfen, da die Kunden Elemente beim Betriebssystem fanden, die sie kannten.

Warum also Flat-Design?
Zum einen ist es eine Entscheidung, welchen Stil man sich nun für die Gestaltung eines Benutzerinterfaces vornimmt. Zum anderen ist ein Benutzerinterface mit Flat-Design auf das Wesentliche reduziert, sodass dem Benutzer unnötige Elemente nicht angezeigt werden und er sich vollständig auf den Inhalt konzentrieren kann. Der dritte Vorteil ist sicherlich die einfache Skalierbarkeit sämtlicher Benutzerschnittstellen: es werden kaum bis gar keine Bilder für die Gestaltung der Benutzerschnittstelle benutzt, weswegen die Benutzerschnittstelle schneller und einfacher anpassbarer für zukünftige Produktentwicklungen wie hochauflösendere Bildschirme ist. Zudem kann für Piktogramme jeglicher Art eine Vektorgrafik benutzt werden, da die Piktogramme selber meist einfarbig sind. Auch hier kann das gesamte Piktogramm nahezu unendlich-groß skaliert werden.

My two cents
Viele Designer und Design-Webseiten betrachten leider nur das Design einer Webseite oder einer Benutzerschnittstelle. Ich persönlich empfinde das sogar als Fehler, da sich das Design von Programmen und Webseiten heutzutage stark geändert hat. Dank der Leistung heutiger Computer können Benutzerschnittstellen nicht nur mit einem schicken Interface, sondern auch mit charmanten Animationen (Motion-Design) ausgestattet werden. Mehr sogar noch: ein gutes Design

“[...] ist konsequent bis ins letzte Detail.” (aus Vitsœ – Dieter Rams: Zehn Thesen für gutes Design)

Nicht nur auf der Oberfläche, sondern auch dahinter.

Beide Designstile stoßen sich nicht ab oder schließen sich einander aus: Durchaus können mit einem flachen Design durchaus Anspielungen an analoge Vorbilder gemacht werden. Vor allen aber durch das Motion-Design erhält das Flat-Design wieder skeuomorphistische Züge. Ein Beispiel hierfür ist die Schredder-Animation der Passport-App von Apple, die mit gezielten Animationen an dem analogen Vorbild erinnert.

Die wohl beste Kombination von Flat-Design und Skeuomorphismus ist bis heute immer noch die digitale Nachbildung der analogen Uhr.

Weiterführende Links:
[1] Designmodo – Flat Web Design: Beautiful Examples of Websites
[2] Youtube – Dieter Rams: Gestalten [EN] (Gestalten TV)
[3] Youtube – Der Designer Dieter Rams (Deutsche Welle)
[4] Youtube – Dieter Rams, Designer (Cold War Modern)
[5] Youtube – Jonathan Ive: Design of the Apple Mac (hochgeladen von sambaza2)


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